Die Kraft der Rituale – wie dir Rituale Energie geben können
Brauchst du auch mal eine kurze Auszeit vom Alltag?
Im Oktober des vergangenen Jahres fühlte ich mich nach vielen Tagungen, Beratungen und meinen 9 Yogakursen in der Woche vollkommen ausgezehrt, kraftlos und unausgeglichen. Der Alltag fraß mich auf und es blieb keine Zeit mehr für mich. Kennst du den berühmten Hamster im Hamsterrad? Genau so fühlte ich mich. Ich steuerte mein Leben nicht mehr selbst, sondern wurde von außen gesteuert.
Alles nervte mich, Kleinigkeiten brachten mich in Rage und ich war völlig aus meiner inneren Mitte herausgefallen.
Es war klar: es musste dringend etwas geschehen! Ich brauchte etwas, das mich wieder in meine Mitte brachte. Mein Bedürfnis nach viel Ruhe und Schweigen war sehr groß. Kurzerhand buchte ich 5 Tage Yogaurlaub bei Yoga Vidya, Deutschlands größtem Yoga-Ashram in Horn-Bad Meinberg.
In einem Yogaashram ist fast der ganze Tag mit Ritualen durchorganisiert.
6:00 Uhr Atemübungen Pranayama
7:00 Uhr Satsang (Meditation, Vortrag und Mantren singen)
8:00 Uhr Yogastunde
11:00 Uhr Frühstück/Brunch
16:00 Uhr Yogastunde
18:00 Uhr Abendessen
20:00 Uhr Satsang
Im angegliederten Kloster kann man sogar schon um 5:00 Uhr mit der Meditation beginnen.
Nach 5 Tagen fuhr ich wie ausgewechselt wieder nach Hause.
Rituale im Alltag
Vor allem die Morgenrituale mit Atmen und Meditation taten mir so gut, dass ich beschloss dieses Ritual in meinen Alltag zu integrieren. Das bedeutete für mich natürlich morgens 1 Stunde früher aufzustehen. Nach der Ashram-Zeit war das für mich dann aber überhaupt kein Problem.
Das Morgen-Ritual ist meine Zeit für mich. Jeden Morgen genieße ich diese besondere und für mich „heilige“ Zeit sehr!
Jeder Morgen hat den gleichen feierlichen Ablauf:
- 30 min Atmen, Meditation und Yoga
- 30 min Zeit für mich (den Tag planen, Morgenseiten schreiben, Blog schreiben, ein inspirierendes Buch lesen, Tee trinken, etc.).
Für die Atemübungen, die Meditation und Yoga ziehe ich mich in meinen Yogaraum zurück. Einen solchen Raum zu haben ist natürlich Luxus. Aber auch das Wohnzimmer oder Schlafzimmer eignen sich wunderbar für dieses Ritual!
Bevor ich starte, schaffe ich eine Atmosphäre, die mir gut tut. Mit Düften, Kerzen, Musik und meinen yogischen Bildern oder Symbolen.
Im Winter genieße ich danach die Zeit für mich mit einem Matcha-Tee, einer Kerze, meiner Duftlampe oder Räucherstäbchen an meinem Lieblings-Platz (eine kleine Ecke im Wohnzimmer, die ich extra für mich gestaltet habe) und im Sommer am liebsten im Freien.
Durch die Kraft dieses Rituals beginnt mein Tag ruhig, positiv und kraftvoll. Ich zehre den ganzen Tag von dieser Energie. Sobald ich aus irgendwelchen Gründen (frühe Termine, Krankheit, großer innerer Morgen-Schweinehund) mein Morgenritual verpasse, fehlt mir richtig was und ich merke, wie ich wieder etwas aus meiner Mitte gerate.
Was ist ein Ritual?
Ritual (lat. ritualis) bedeutet eigentlich religiös. Wikipedia beschreibt Ritual als „eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche religiöse Handlung mit hohem Symbolgehalt.“
In dem Beitrag „Wie du in 100 Tagen eine neue Gewohnheit programmieren kannst“ haben wir bereits darüber gesprochen, wie man durch tägliches Wiederholen eine Gewohnheit in den Alltag integrieren kann.
Von einem Ritual sprechen wir dann, wenn wir diese neue Gewohnheit mit großer Achtsamkeit, einer bestimmten Geisteshaltung, einer Absicht und in einem besonderen Rahmen zelebrieren.
Wie wirken Rituale?
Petra Hugo beschreibt Rituale in ihren Vorträgen als „Machtvolles Instrument der Lebensgestaltung“ (zu finden unter www.trauer-wege-leben.de). Und sie sagt:
„Alle rituellen Formen helfen uns, uns auf das Jetzt-Wesentliche zu konzentrieren.“
Rituale geben uns Halt und Orientierung im Leben. Sie schaffen eine Struktur, eine Ordnung im Außen, aber auch in unserem Bewusstsein. Durch Rituale können wir im Alltag für einige Momente inne halten, Kontakt mit der Stille, unseren Gefühlen und unserem innersten Kern, unserer Seele aufnehmen. In einer schnellen, hektischen Welt können uns Rituale helfen, wieder innerlich aufzutanken.
„Rituale schaffen in unserem Leben feierliche Unterbrechungen. Sie bilden Momente der Besonderheit und Erhabenheit, indem sie sich eben vom sonst oft so »grauen Alltag« abheben.“
Aus „Wo die Seele auftankt“ von Marco von Münchhausen
Und in diesen „feierlichen Unterbrechungen“ können wir uns selbst kurz spüren, reflektieren was gerade ist, unsere Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche wahrnehmen.
Rituale haben tatsächlich auch Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Der Merkur schrieb am 1.5.2009 in dem Artikel „Die neue Sehnsucht nach dem Ritual“:
„Auch Kinder brauchen nach Ansicht der Augsburger Kinderärztin Elisabeth Blaettner eigene Rituale, um zur Ruhe zu kommen: So wirken sich Kuscheln oder gemeinsames Lesen mit den Eltern positiv auf ihren Schlaf aus. Und was erreicht ein im Familienkreis eingenommenes Frühstück samt Abschiedskuss, bevor sich das Kind auf den Schulweg macht? Die Pflege dieses morgendlichen Rituals hat nach Untersuchungen sogar Auswirkungen auf die psychische Gesundheit, stärkt das Selbstwertgefühl, die Intelligenz und Widerstandskraft.“
Eine harmonische Gemeinschaft ist geprägt von vielen gemeinsamen Ritualen. Rituale verbinden die Menschen, vereinen sie, stärken sie.
Welche Rituale leben wir?
Schließe doch mal für einige Momente die Augen und überlege, welche Rituale du in deinem Leben kennst? Welche Rituale lebst du? Mit deiner Familie? In deiner Arbeit? In deiner Freizeit?
Vielleicht fällt dir der morgendliche Kuss deines Partners beim Aufwachen ein, oder das gemeinsame Frühstück mit der Familie, dein Morgenlauf im Wald, deine Zeitung am Morgen, das Tischgebet, die Gute-Nacht-Geschichte am Bett deines Kindes, der sonntägliche Kirchgang, …
Denke auch mal an die jährlichen Rituale, so wie Geburtstag, Ostern oder Weihnachten…
Ich feiere Weihnachten mein ganzes Leben schon mit meinen Eltern. Und so lange ich denken kann, hat dieses Fest bei uns den gleichen Ablauf. Es ist UNSER jährliches Ritual, es tut gut und es hat so was Vertrautes, Sicheres und Stabiles.
Wenn du an deine Rituale denkst, dann frage dich aber auch ganz ehrlich:
- Welche Rituale tun mir gut? Bei welchen Ritualen tanke ich auf, fühle ich mich innerlich angekommen?
- Fallen mir Rituale ein, die für mich keine Bedeutung mehr haben? Führe ich manche Rituale nicht mehr mit der nötigen Achtsamkeit durch? Welche Rituale sind überholt?
- Gibt es neue Rituale, die ich gerne in meinen Alltag integrieren möchte (vielleicht meine neue Gewohnheit aus dem 100-Tage-Projekt)?
Wie gestalte ich ein Ritual?
Führe das Ritual möglichst regelmäßig, zur gleichen Zeit, am gleichen Platz in ähnlicher Weise durch. Sehr kraftvoll wirken Rituale am Morgen, da sie unsere ganze Energie für den neuen Tag prägen.
Zelebriere deine Rituale ganz bewusst und mit viel Achtsamkeit. Anders als bei einer Gewohnheit, die automatisch und oft unbewusst abläuft, soll das Ritual bewusst, in einer ganz speziellen Geisteshaltung und feierlich begangen werden.
Suche dir einen schönen Platz für dein Ritual. Gestalte ihn so, dass er zu etwas Besonderem wird. Nutze Düfte, Musik, Farbe, Symbole, lade alle deine Sinne dazu ein. Mit der Zeit lädt sich dein Ritual mit so viel Energie auf, dass du allein bei der Vorstellung schon in die Stimmung deines Rituals eintauchst.
Es gibt unendlich viele Rituale, die unseren Alltag erfüllen können. Erzähle uns von deinem Lieblings-Ritual! Wir freuen uns auf deine Rituale!
P.S. Wunderschöne Rituale aus dem Ayurveda findest du auch in diesem Beitrag: Reinigungs-Rituale aus dem Ayurveda.
Liebe Frau Seeele, danke für diesen inspirierenden Artikel über mehr Achtsamkeit und die Pflege bewusster Rituale. Mir sind gleich zwei Möglichkeiten für meine persönliche Umsetzung gekommen und ich werde versuchen, sie bis zur Adventszeit in meinen Tag bewusst zu integrieren, um sie im Dezember dann richtig genießen zu können! Toll macht ihr das! Danke!
Liebe Judith, danke für deine wunderbaren Worte! Es freut uns sehr, wenn wir dich inspiriert haben. Genau das ist der Wunsch von FrauSeele. Wir wünschen dir viel Spaß und natürlich die Muße und Disziplin die Rituale in deine Adventszeit einzubauen. Herzliche Grüße deine FrauSeele
Liebe FrauSeele,
auch mich hat Euer Artikel wieder einmal daran erinnert, dass ich eigentlich noch etwas früher aufstehen möchte, um morgens etwas Zeit für mich zu haben. Danke dafür. Werde gleich den Wecker neu stellen. Welches Ritual ich dannpflegen möchte, wird sich zeigen, vielleicht ein bisschen lesen oder eine kleine Meditation?! Mal schauen! 🙂
Liebe Christina, was auch immer es wird: die Motivation etwas für DICH zu tun ist wunderbar. Wenn es ausdrücklich „deine Zeit“ ist, kannst du ja auch je nach Bauchgefühl mal meditieren, mal singen, tanzen, lesen – was auch immer. Du entscheidest… Viel Freude dabei!